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„dialogP“ – Schule und Politik im Gespräch

Das Veranstaltungsformat „dialogP“ ermöglicht es Schulen in jedem Landtagswahlkreis, Begegnungen zwischen Jugend und Politik zu organisieren. Diese Dialogveranstaltung schlägt eine Brücke zwischen Schule und Bürgerschaft und zwischen den zukünftigen Wähler:innen und politischen Entscheidungsträger:innen. Die Idee dazu stammt von dem gemeinnützigen und überparteilichen Verein „Kumulus e. V.„, der sich seit seiner Gründung 1999 für eine verantwortungsbereite Bürgergesellschaft, im Bereich der Kultur- und Demokratieförderung sowie politischen Bildung an Schulen engagiert und auch die Juniorwahl durchführt.

Aus unserem Wahlkreises Lokstedt-Niendorf-Schnelsen haben wir zum 25.05.2023 vier Politiker:innen eingeladen, um mit ihnen politische Streitfragen zu diskutieren: die Bürgerschaftsabgeordneten Milan Pein (SPD), Lisa Kern (Die Grünen), Metin Kaya (DIE LINKE) und Dr. Alexander Wolf (AfD). Von Schülerseite waren die Klassen 9c, 10a und der Profilkurs „Medien und Gesellschaft“ S2 dabei.

Die Politiker:innen stellten sich zunächst mit einem persönlichen Steckbrief den Schüler:innen vor und nahmen dann an sogenannten Thementischen zur Diskussion Platz.
Dort ging es um die Fragen,
ob der Cannabiskonsum legalisiert werden sollte,
ob der öffentliche Personennahverkehr für Schüler:innen in Hamburg kostenlos sein sollte,
ob alle Schüler:innen für die Arbeit in der Schule kostenlos ein digitales Endgerät gestellt bekommen sollten und
ob aktuell die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in Hamburg ausreichen.

Dass die Politiker:innen bei ihrer Vorstellung am Anfang der Veranstaltung auch auf ganz persönliche Dinge eingegangen sind, etwa wie sie zur Politik gekommen sind oder was sie auch außerhalb der Politik privat gerne machen, hat Sympathie erweckt und gezeigt, dass sie an einem offenen Gespräch auf Augenhöhe interessiert sind. Dabei war es spannend zu erfahren, dass es ganz unterschiedliche Wege und Motive gibt, sich professionell mit Politik zu beschäftigen, wie zum Beispiel durch die familiären Erfahrungen des Kosovokrieges in den 90er Jahren oder die Arbeit als Dolmetscher für Menschen aus der Türkei, die Antrag auf Asyl stellen, oder der Anspruch nach mehr Feminismus in der Gesellschaft.

Interessant war es zu beobachten, wie unterschiedlich die Politiker:innen auf die einzelnen Fragen an den Thementischen geantwortet haben, mal ausweichend, mal ganz lang und recht ausschweifend, mal ganz präzise und kurz oder aber mit Gegenfragen, mit denen einige zeigten, dass sie an den Standpunkten der Schüler:innen interessiert sind und ihre Meinungen ernst nehmen.

Ob Klimaschutzmaßnahmen, kostenloser ÖPNV oder die flächendeckende Bereitstellung von Tablets in den Schulen – bei jedem dieser Themen war Finanzierung immer ein wesentlicher Punkt. Während einige Politiker beispielsweise behaupteten, man könne einen kostenlosen ÖPNV ganz unproblematisch finanzieren, waren hingegen andere der Meinung, dies sprenge die finanziellen Möglichkeiten des Senats. Nicht nur in dieser Situation, sondern auch in anderen, waren die Schüler:innen mit unterschiedlichen und gegensätzlichen Aussagen von Politiker:innen konfrontiert und wussten im Anschluss nicht mehr genau, welche Seite nun recht hat und was sie davon glauben sollten. Im Nachgespräch über die Veranstaltung im PGW-Unterricht wurde erkannt, dass man die Politiker:innen an den Thementischen noch viel mehr mit den gegensätzlichen Aussagen der anderen Politiker:innen hätte konfrontieren müssen – und das am besten natürlich mit konkreten Zahlen. Es wurde deutlich, wie wichtig eine vorbereitende Recherche für solche Fragerunden ist.

Grundsätzlich hatten die meisten das Gefühl, dass die Politiker:innen authentisch gewesen sind und sich nicht irgendwie verstellt haben. Was allerdings auffiel war, dass zwei der Politiker auf Fragen, die sich auf die Programme der Parteien bezogen, häufig mit persönlichen Ansichten und privaten Anekdoten geantwortet haben. Man hätte stattdessen lieber mehr darüber gehört, was sie aus ihrer parteipolitischen Perspektive heraus denken, und weniger dazu, wie sie etwas als Privatperson bewerten.

Eine interessante Erfahrung konnten die Schüler:innen auch machen, als sie erfuhren, dass Herr Wolf von der AfD etwa die Cannabislegalisierung grundsätzlich befürwortete, obwohl dessen eigene Partei programmatisch eigentlich dagegen ist. Hierbei konnten sie erkennen, dass es auch innerhalb von Parteien zu einzelnen Themen ganz unterschiedliche Ansichten geben kann, auch wenn nach außen hin für die Öffentlichkeit eine geschlossene Position eingenommen wird.

Eines ist auf jeden Fall deutlich geworden: Politische Entscheidungen zu wichtigen Fragen unserer Zeit sind komplex und lassen sich oft nicht so einfach umsetzen, wie man sich das anfangs vielleicht vorgestellt hat. Es gilt immer, auch die Meinungen anderer anzuhören und zu berücksichtigen und eben auch Kompromisse einzugehen, bei denen zwar keiner alles bekommt, aber eben alle ein bisschen.

Aber nicht nur die Schüler:innen konnten etwas aus den Gesprächen mitnehmen, sondern umgekehrt auch die Politiker:innen: Alle 69 Schüler:innen waren beispielsweise geschlossen unzufrieden mit der bisherigen Umsetzung der Maßnahmen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes in Hamburg. Das wurde von den Politiker:innen als deutliches Zeichen der Kritik wahrgenommen und es wurde versprochen, den Klimaschutz noch konsequenter anzugehen.

Nach diesen sehr positiven Erfahrungen mit dem Format DialogP möchten wir dieses sehr gerne bald wieder anbieten und Schüler:innen und Politiker:innen an Tischen zusammenbringen, an denen sie miteinander sprechen und voneinander lernen können.

Andreas Fischer (Koordination Schwerpunkt Demokratie) und Martin Karl (Lehrer für Geschichte)