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„Jugend und Wirtschaft“ – Laura schafft es in die Zeitung

Seit Anfang des Schuljahres 2019/2020 nimmt das Profil „Medien und Gesellschaft“ nun schon zum dritten Mal an dem einjährigen Projekt „Jugend und Wirtschaft“ teil. In Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), dem „Bundesverband deutscher Banken“ und dem „Institut zur Objektivierung der Lern- und Prüfungsverfahren“ (IZOP) arbeiten die Schüler*innen als Journalisten für die Sparte „Jugend und Wirtschaft“ im Wirtschaftsteil der FAZ.

Die Schüler*innen sollen Berichte über interessante, besondere und bedeutsame deutsche Unternehmen schreiben. Die Bedingungen dafür sind, dass in der FAZ zu dem entsprechen Unternehmen noch kein Artikel erschienen sein darf. Deshalb heißt es auch erst einmal, nach neuen Unternehmensideen recherchieren, das ist gar nicht so einfach. Zudem müssen Interviews, am besten mit den Geschäftsführern, geführt werden, um an Zahlen, Daten und Fakten aus erster Hand zu kommen. Zuletzt gilt es, aus allen Informationen einen informativen, spannenden und unterhaltsamen Artikel zu schreiben, ganz schön anspruchsvoll!

Doch damit nicht genug, an diesem Projekt nehmen deutschlandweit aus 13 Bundesländern mehr als 50 Schulen mit Ihren Klassen teil. „Jugend und Wirtschaft“ erscheint an jedem 1. Donnerstag eines Monats im Wirtschaftsteil der FAZ im Umfang von 4 Seiten, pro Jahr werden ca. 60 Schülerartikel veröffentlicht. Die Konkurrenz ist also hoch und nur die besten Artikel schaffen es bis in den Wirtschaftsteil der FAZ.

Laura aus dem Profil“ Medien und Gesellschaft“ (S3) hat es nun mit ihrem Artikel „Sie leben vom Pech der Bäume“ mit dem Thema eines „natürlichen Kaugummis“ in die Ausgabe der FAZ vom 05.11.2020 geschafft! Den Artikel könnt Ihr im Folgenden lesen oder direkt in der digitalen Ausgabe im Anhang. Viel Spass beim Lesen.

Andreas Fischer (Profilleitung „Medien und Gesellschaft“)

Sie leben vom Pech der Bäume

Zwei junge Gründerinnen aus Wien produzieren ein biologisch abbaubares Kaugummi aus Harz. So unterstützen sie auch ein vom Aussterben bedrohtes Handwerk

Unter dem Namen Alpengummi stellt die Bergfalke GmbH aus Wien besondere Kaugummis her. Anfang 2019 entstand die Geschäftsidee. Claudia Bergero und Sandra Falkner sollten während ihres Masterstudiums für Umweltwissenschaften einen Businessplan über ein Produkt aus dem Wald entwickeln. Dabei stießen sie auf den Rohstoff Harz und dessen lange Tradition als Kaumasse. So verwendeten die Indianer Nordamerikas das Harz von Fichten als Kaumasse. Heutzutage bestehen die Kaugummis bekannter Marktführer aus einer synthetischen Kaumasse, die aus Erdöl gewonnen wird. „Wir dachten, es wäre eine super Idee, die Plastikkaugummis durch natürliche aus Harz zu ersetzen“, erzählt Falkner. Da auf der Zutatenliste der Kaugummiverpackungen nur „Kaumasse“ deklariert wird, wissen viele Verbraucher nicht, dass sie auf Kunststoff herumkauen. Herkömmliches Kaugummi besteht zu 50 bis 70 Prozent aus Zucker. Der Rest sind Füllstoffe wie Aluminiumoxid, Titandioxid und Antioxidantien. Erst nach Jahren zersetzen sich die Kaugummis ganz.

Die beiden Österreicherinnen entwickelten das erste nachhaltige Kaugummi der Alpen. Es ist biologisch abbaubar, frei von Zusatzstoffen und besteht nur aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Hauptzutat ist Baumharz. Birkenzucker (Xylit) süßt die Kaumasse, und Bienenwachs dient ihrer Geschmeidigkeit. Birkenzucker hat eine antibakterielle Wirkung und dient zudem der Zahnreinigung.

„Nach dem anfänglichen Frischegeschmack durch natürliche Aromen schmeckt man, dass das Produkt aus dem Wald kommt. Der Grundgeschmack des Harzes, gemeinsam mit Bienenwachs, kommt nach einigen Minuten des Kauens zum Tragen und bleibt stundenlang“, erklärt Falkner. Die Verpackung der Kaugummis besteht zu 100 Prozent aus Pappe.

Falkner und Bergero wollen zudem das alte Handwerk der Pecherei wiederaufleben lassen. Als Pecherei bezeichnet man die Harzgewinnung aus Schwarzkiefern. Bernhard Kaiser ist einer der letzten Pecher im Nebenberuf in Niederösterreich. „Es gibt in Österreich überhaupt keine Berufspecher mehr, die hauptberuflich von der Harzgewinnung leben können“, erzählt er. Schon als Kind hat ihn die Arbeit seiner Eltern fasziniert. Seit etwa zwei Jahren arbeitet er mit Alpengummi zusammen und gewinnt das Harz für die Kaumasse. Dabei wird die Rinde der Schwarzkiefer entfernt; dann wird ein Becher installiert, in den das Harz fließt. Kaiser findet es gut, dass die jungen Gründerinnen dem Rohstoff Harz wieder einen Verwendungszweck geben und sich so für den traditionellen Beruf der Pecherei einsetzen. Das Holz der ausgepechten Kieferstämme verarbeitet Kaiser weiter. Dadurch wird Platz für neue Bäume geschaffen.

Obwohl die Pecherei in Niederösterreich 2011 zum immateriellen Unesco-Weltkulturerbe erklärt wurde, ist sie mittlerweile ins Vergessen geraten. „Vor mehr als 50 Jahren hat man den Rohstoff Harz eben durch Kunstharz und verschiedene andere Produkte ersetzen können, und somit ist der Rohstoff bei uns in den Industrieländern auch durch die hohe Lohn- und Preispolitik mehr oder weniger zugrunde gegangen“, sagt Kaiser.

Alpengummi ist in den Sorten Waldminze, Erdbeere und Wacholder erhältlich und kostet je Packung 2,99 Euro. In Österreich wird das Kaugummi in mehr als 100 Geschäften angeboten, seit Juli 2019 auch im ’s Fachl in Salzburg. Christian Hammer ist einer der Gründer des ’s-Fachl-Konzepts. „Alpengummi passt perfekt zu unserem Konzept und trifft den Trend der Zeit. ’s Fachl sucht und bietet Produkte an, die von Kleinunternehmen hergestellt wurden, möglichst nachhaltig und mit Leidenschaft und Herzblut.“ Nach Hammers Aussagen kommt das Kaugummi bei den Kunden zwar kontrovers, aber tendenziell gut an. Kontrovers, weil die Menschen Gewohnheitstiere seien und Geschmack und Konsistenz anders seien. „Herkömmliche Kaugummis sind zumeist elastischer und gummiartiger als Alpengummi, da oftmals Weichmacher in der Kaubase verwendet werden“, erläutert Falkner. „Da das Baumharz der Alpengummis temperatursensitiv ist, ist die Masse etwas härter und spröder bei kalten Temperaturen und wird erst mit der Mundwärme geschmeidig und gut kaubar.“

Seit Alpengummi im April 2019 auf den Markt gekommen ist, konnten die Österreicherinnen nach Angaben von Falkner bis Ende desselben Jahres einen Umsatz von rund 85.000 Euro erwirtschaften. Zunächst wurde das Kaugummi ausschließlich von Hand produziert; bis Ende Dezember 2019 waren es rund 40.000 Packungen. „Doch mit den steigenden Umsätzen wurde uns irgendwann klar, dass es so nicht weitergehen konnte“, schreiben die Gründerinnen auf der Homepage. Sie bekamen eine Förderung von der Wirtschaftsagentur Wien und führten eine Crowdfunding-Kampagne durch. „Im Frühjahr 2020 kamen – weil bei uns eben alles, vom Löffel bis zur Kaugummimasse, immer einen Namen hatte – Hubert (der Kneter) und Helga (die Portioniermaschine) bei uns an.“ Seitdem produziere man die Alpengummis klimaneutral mit den beiden gebrauchten Maschinen und immer noch viel Handarbeit in einem Wiener Familienbetrieb.

Der Bekanntheitsgrad des Unternehmens ist laut Falkner relativ schnell gewachsen. Dazu trugen Fernsehauftritte in Österreich, aber auch im deutschen Fernsehen zum Beispiel bei Galileo und Arte bei. Alpengummi wird auch bei Merkur verkauft. Die österreichische Supermarktkette gehört zur Rewe Group aus Köln. In Deutschland kann man das Kaugummi unter anderem in Unverpackt-Läden kaufen.

Es gebe nur eine Handvoll Hersteller von natürlichen Kaugummis, sagt Falkner. Eine Marke ist Chicza; die Kaugummis werden aus Naturkautschuk aus dem mexikanischen Regenwald hergestellt. Ein anderes Kaugummi ist das dänische True Gum, das in der Drogeriekette dm verkauft wird und auch aus Kautschuk ist.

Laura, Gymnasium Corveystrasse (S3)