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„Jugend und Wirtschaft“ – Bennet schafft es in die Zeitung

Seit Anfang des Schuljahres 2021/2022 nimmt das Profil „Medien und Gesellschaft“ nun schon zum fünften Mal an dem einjährigen Projekt „Jugend und Wirtschaft“ teil. In Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), dem „Bundesverband deutscher Banken“ und dem „Institut zur Objektivierung der Lern- und Prüfungsverfahren“ (IZOP) arbeiten die Schüler*innen als Journalisten für die Sparte „Jugend und Wirtschaft“ im Wirtschaftsteil der FAZ.

Die Schüler*innen sollen Berichte über interessante, besondere und bedeutsame deutsche Unternehmen schreiben. Die Bedingungen dafür sind, dass in der FAZ zu dem jeweiligen Unternehmen noch kein Artikel erschienen sein darf. Deshalb heißt es auch erst einmal, nach neuen Unternehmensideen recherchieren, dass ist gar nicht so einfach. Zudem müssen Interviews, am besten mit der Geschäftsleitung, geführt werden, um an Zahlen, Daten und Fakten aus erster Hand zu kommen. Zuletzt gilt es, aus allen Informationen einen informativen, spannenden und unterhaltsamen Artikel zu schreiben, ganz schön anspruchsvoll!

Doch damit nicht genug, an diesem Projekt nehmen deutschlandweit aus 13 Bundesländern mehr als 50 Schulen mit Ihren Klassen teil. „Jugend und Wirtschaft“ erscheint an jedem 1. Donnerstag eines Monats im Wirtschaftsteil der FAZ im Umfang von 4 Seiten, pro Jahr werden ca. 60 Schülerartikel veröffentlicht. Die Konkurrenz ist also hoch und nur die besten Artikel schaffen es bis in den Wirtschaftsteil der FAZ.

Bennet aus dem Profil“ Medien und Gesellschaft“ (S3) hat es mit seinem Artikel „Alles fliest“ zum Thema „Gebrauchtfliesenhandel“ in die Oktober-Ausgabe geschafft. Den Artikel könnt Ihr im Folgenden lesen, viel Spass dabei!

Andreas Fischer (Profilleitung „Medien und Gesellschaft“)

Alles fliest

Wer nach Fliesen aus vergangenen Kollektionen sucht, dürfte sie bei den Schitteks finden. In ihrem Lager befinden sich 7 Millionen Stück.

Statistisch gesehen, bricht in Deutschland alle drei Minuten ein Wasserrohr“, sagt Jan Schittek, einer der Geschäftsführer des gleichnamigen Fliesenhandels. Oft passiert das in der Küche oder im Badezimmer. Die Folgen sind aufgestemmte Wände und kaputte Fliesen. Meistens seien die Fliesenkollektionen jedoch nur noch zwei Jahre am Markt verfügbar, sagt Schittek. Die alten Fliesen verschwänden – allerdings nicht für immer, denn die Fliesenhandel Schittek GmbH aus Hamburg verkauft alte Fliesen. Nach Angaben der Geschäftsführer Jan und Felix Schittek hat das Unternehmen über die vergangenen Jahrzehnte rund 7 Millionen Fliesen, etwa 70 000 verschiedene Arten an Fliesen, eingelagert. Die Wahrscheinlichkeit, nicht mehr im Geschäft erhältliche Fliesen nachkaufen zu können, ist damit hoch.

Im Jahr 1978 gründete Konrad Schittek eine Fliesenmanufaktur in Hamburg-Altona, der künstlerische Aspekt stand im Vordergrund. Dass die Schitteks heute Fliesen kaufen und nicht mehr herstellen, liegt an einer Wohnzeitschrift, die über die Manufaktur berichtete. In dem Artikel wurde fälschlicherweise geschrieben, dass Konrad Schittek jede beliebige Fliese nachmachen könne. In der Folge konnte sich der kleine Laden vor Anfragen kaum retten. Im Jahr 1988 schloss man dann diese Marktlücke.

Mittlerweile habe man eine einzigartige Stellung auf dem deutschen Fliesenmarkt, sagt Jan Schittek. Nach eigenen Angaben erzielte das Unternehmen im Jahr 2021 einen Umsatz von 4 Millionen Euro, im Jahr zuvor waren es 3,68 Millionen Euro gewesen. „Wir kennen den ganzen Fliesenmarkt von 1900 bis heute in Deutschland“, betont Schittek.

Ihr Lager sei einmalig und in Fachkreisen in ganz Deutschland bekannt, berichten die Geschäftsführer. Es gebe auch andere Unternehmen, die alte Fliesen aufkauften und einlagerten. „Diese sind aber nicht vergleichbar, denn sie sind kleiner und machen noch Verlegungen oder handeln mit Neufliesen“, erklärt Jan Schittek. Er und sein Bruder Felix führen das Familienunternehmen seit 2014 in zweiter Generation. Sie beschäftigen 21 Mitarbeiter. Man wachse langsam, aber stetig, sagt Schittek. 2019 verkaufte man nach eigenen Angaben rund 234 000 Fliesen. Im darauf folgenden Jahr seien es etwa 264 000 und im vergangenen Jahr knapp 287 000 Stück gewesen.

Neue Fliesen würden in geringerer Stückzahl, dafür in mehr Varianten und Sorten produziert, was das Einlagern und Archivieren komplexer mache, betont Felix Schittek. „Das ist ein Geschäftsmodell mit unendlichem Wachstum, denn es wird nicht aufgehört, Fliesen zu produzieren und Häuser zu bauen“, sagt Jan Schittek.

Die meisten Mitarbeiter sind Quereinsteiger. Um das ganze Lager zu kennen und das System der Einlagerung zu verstehen, brauche man ein halbes bis ganzes Jahr, erläutert Jan Schittek.

Die Fliesen werden aus ganz Deutschland und zum Teil aus dem Ausland beschafft. In den meisten Fällen werden Restbestände bei Großhändlern und Fachgeschäften erworben. Immer öfter kauft man von Baumärkten für einen Restpostenpreis. Würden die Schitteks die Fliesen nicht aufkaufen, landeten sie auf dem Müll, für die Entsorgung müsste noch relativ viel gezahlt werden. Beide Seiten profitieren also von diesem Geschäft, weshalb sich die Schitteks keine Sorgen machen, dass der Nachschub an Fliesen irgendwann ausbleibt. Nicht selten komme es auch vor, dass Privatleute kistenweise Altfliesen vom Dachboden oder aus dem Keller vorbeibrächten und spendeten. Denn auch sie müssten für eine Entsorgung zahlen.

In den meisten Fällen handelt es sich bei Rohrbrüchen um Versicherungsschäden, weshalb dann die Versicherung oder auch Schadensanierungs-Fachfirmen Kunden der Schitteks sind. Die Geschäftskunden machen einen Anteil von zwei Dritteln bis drei Vierteln aus. Um den Kunden die exakt richtige Fliese anbieten zu können, muss immer ein Musterstück vorhanden sein. Diese kommen meistens per Post, oder Kunden kommen persönlich an den Tresen und zeigen ihre kaputte Fliese. Im Idealfall bekommen sie die gewünschte Fliese nach 10 Minuten mit, oder sie wird per Post zugeschickt. „Unsere Trefferquote ist sehr groß, sie liegt bei 75 bis 80 Prozent“, sagt Felix Schittek. Manchmal müssen die Schitteks aber auch Kunden absagen, weil sie die passende Fliese nicht finden können; dann kann in vielen Fällen aber eine Alternative angeboten werden. Der wohl bekannteste Kunde ist bisher der frühere Fußballspieler Uwe Seeler gewesen, der mit seiner kaputten Fliese persönlich vorbeikam und nach einer neuen Fliese für seine Dusche fragte. Die Mitarbeiter konnten dem ehemaligen Kapitän der Fußballnationalmannschaft die passende Fliese mitgeben.

Der Preis für die Fliesen ist nicht abhängig von der Epoche, dem Gewicht oder dem Alter, sondern nur von der Größe. Der Preis für einen Quadratmeter Fliese liegt bei etwa 260 Euro. Kleinere Fliesen sind günstiger als größere. Doch es gibt Ausnahmen: Fliesen aus der Jahrhundertwende sowie Sammlerstücke sind teurer als die Standardfliesen. Allerdings werden Fliesen aus der Jahrhundertwende in der Regel nicht für Reparaturzwecke verkauft und wenn doch, handelt es sich meistens um historische Gebäude.

Die Schitteks kennen sich auch auf dem aktuellen Fliesenmarkt aus. Größere Fliesen würden immer populärer, sagt Felix Schittek. Die Standardgröße betrage inzwischen 30 mal 60 Zentimeter. Außerdem gebe es einen Trend zur Nachahmung von Naturmaterialien; mitunter sei auf den ersten Blick nicht zu erkennen, ob es eine Fliese sei oder ein Naturmaterial wie Holz oder Stein.

In der Fliesenproduktion wird viel Energie verbraucht, denn Fliesen werden in großen Öfen mit Gas bei mehr als 1000 Grad Celsius gebrannt. So ist es nicht nur billiger, einen Teil der Fliesen zu erneuern, sondern auch klimafreundlicher. Derzeit verschärft die Gasknappheit die Lage. Die Öfen in den Fabriken könnten abgeschaltet werden. Ihrem Unternehmen drohe hingegen in näherer Zukunft keine Materialknappheit. „Alles, was wir einkaufen, ist schon produziert worden“, betont Felix Schittek. Derzeit lassen die Brüder eine dritte Lagerhalle bauen.

Bennet (Profil „Medien und Gesellschaft“, S3)