Die 8. Klassen werden zu Zweitzeugen
Vom 09. bis 13. Dezember 2024 erlebten die Schüler*innen der Jahrgangsstufe 8 ein besonderes Highlight: das Zweitzeugen-Projekt. Initiiert durch die motivierte Teamleiterin Julie Wildschutz vom Verein Zweitzeugen e.V. war es das Ziel, die Geschichten von Holocaust-Überlebenden lebendig zu halten und die Jugendlichen zu Botschaftern dieser Erinnerungen zu machen.
Bereits in der Vorbereitungsphase durch die Geschichtslehrkräfte hatten die Schüler*innen erfahren, welchen Entbehrungen jüdische Jugendliche zur Zeit des Nationalsozialismus ausgesetzt waren. Die Neugier auf den nachfolgenden Projekttag war danach umso größer.
Im Zentrum des sechsstündigen Workshops stand die bewegende Lebensgeschichte von Tamar Dreifuss, die es mit ihrer Mutter Jetta schaffte, der Verfolgung durch die Nazis zu entkommen. Nach der Flucht aus dem Durchgangslager Tauroggen fanden sie Unterschlupf in einer Hundehütte – ein nahezu unglaubliches Beispiel für Mut und Überlebenswillen. Tamar Dreifuss erinnert sich:
„Ich kann meine Geschichte erzählen, weil meine Mutter mich beschützt hat. Von 80.000 Juden aus meiner Heimatstadt Wilna sind nur wenige am Leben geblieben. Ich bin eine von ihnen. Meine Mutter hat uns beide gerettet. Als ich sie einmal gefragt habe, wie sie das geschafft hat, hat sie geantwortet: „Du hast mir den Mut dazu gegeben. Ich hatte meine kleine Tochter und musste sie beschützen.“ (Tamar Dreifuss: Die wundersame Rettung der kleinen Tamar 1944. Ein jüdisches Mädchen überlebt den Holocaust in Osteuropa, 2009.)
Nach dieser emotionalen Einführung arbeiteten die Schüler*innen in kleinen Gruppen weiter. Sie beschäftigten sich intensiv mit den Biografien anderer Holocaust-Überlebender: Rolf Abrahamson, Chanoch Mandelbaum, Henny Brenner und Erna de Vries. Die konzentrierte Stille im Raum zeigte, wie ergriffen die Schüler*innen waren.
Anton B. aus der 8d beschrieb seine Erfahrungen anschließend so: „Ich fand es toll, dass wir Holocaust-Überlebende kennengelernt haben. Man lernt, sich adäquat über sensible Themen auszutauschen. Das hat Spaß gemacht.“
Der Abschluss des Workshops war besonders persönlich: Unter der Anleitung der Teamerin Julie Wildschutz schrieben die Schüler*innen Briefe an die Holocaust-Überlebenden oder deren Angehörige. Der Verein Zweitzeugen e.V. hat in den vergangenen Jahren bereits tausende dieser Briefe gesammelt und weitergeleitet. Wie bedeutsam diese persönlichen Botschaften sind, beschreibt die Holocaust-Überlebende Chava Wolf treffend: „Diese Briefe bedeuten mich als Mensch.“
Am Ende des Tages war klar: Dieses Projekt hat nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch die Herzen der Schüler*innen berührt. Viele äußerten den Wunsch, sich aktiv gegen Antisemitismus und Diskriminierung stark zu machen und für eine offene, tolerante Gesellschaft einzustehen. Ein Projekttag, der nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.
Julia Schilling