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Zeitzeugeninterview zum Leben im Nationalsozialismus

Die 10c gedenkt dem Pogrom vom 09.11.1938

Am Montag, den 9. November 2015, kamen mehr als 200 Schüler aus neun Hamburger Gymnasien und Stadtteilschulen in der Aula des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung zusammen, um sich von zwei Zeitzeugen über ihre Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus erzählen zu lassen. Genau 77 Jahre nach dem Novemberpogrom vom 09.11.1938 hörten Schüler und Lehrer von Frau von der Walde und Frau Weiß Vielfältiges über die Geschichte ihrer Familien, das jüdische Leben und die Geschichte der Sinti und Roma. Dabei beantworteten beide unermüdlich und offen die interessierten Fragen der Schüler. Erstmals wurde gemeinsam der Verfolgung jüdischer Bürger und der Sinti und Roma gedacht.

Frau von der Walde ist jüdischer Abstammung und erzählte über die Tätigkeit ihres Vaters Wolfgang in einer Widerstandsgruppe und dessen Inhaftierung im Gefängnis Fuhlsbüttel. Anschaulich schilderte sie die zunehmende Diskriminierung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und die abenteuerliche Flucht nach England ins Exil. Frau von der Walde war in der Nachkriegszeit als Lehrerin tätig und versucht seitdem, an das Vergangene zu erinnern und mit Schülern über die dunkelste Epoche der Deutschen ins Gespräch zu kommen.

Frau Weiß erzählte über die nachhaltig negativen Folgen, welche die umfassende Zerschlagung der sozialen Strukturen von Sinti und Roma zur Zeit des Nationalsozialismus mit sich brachten. Sie wuchs in einer Sintifamilie auf und beklagt die auch nach der Zeit des Nationalsozialismus anhaltende Diskriminierung. Dies sei besonders deutlich geworden beim Kampf um Entschädigungszahlungen, aber auch durch die soziale Isolation in der Nachbarschaft des Ortes, in dem sie heute mit ihrer Familie lebt.

Im Gespräch kamen auch aktuelle Ereignisse der Gegenwart zur Sprache. Die Schüler fragten die Beiden nach ihrer Einschätzung zu den Demomstrationen von Pegida. Das Pegida am Gedenktag für die Opfer des Pogroms von 1938 demonstrieren geht, fand Frau von der Walde geschmacklos und provokant. Beide haben Angst vor dem radikalen Auftreten der Bewegung und warnten vor deren Gefährlichkeit. Vielmehr müsse sich die Zivilgesellschaft mutig gegen diese Mischung von Unzufriedenheit, Fremdenfeindlichkeit und Populismus stellen.

Geschichtslehrer: Andreas Fischer