Exkursion der 10d zum ehemaligen KZ Neuengramme
Es war kalt, als wir von einem Guide über das Gelände von dem ehemaligen KZ Neuengamme geführt wurden. Die Sonne schien durch die Blätter der wenigen Bäume und die grausamen Dinge, die geschehen waren, wirkten irreal. Die unendlichen Massenmorde und Folterungen gehen über den Verstand hinaus. Und immer wieder legte sich ein ernstes Schweigen über uns. Und auch wenn man die Umrisse der Baracken sieht und den Platz auf dem über 40 Tausend Häftlinge verbrannt wurden, kann man sich nicht das volle Ausmaß an Grausamkeit vorstellen. (Liliane)
Die wichtigsten Anhaltspunkte für uns waren die Hauptausstellung in einem großen, noch erhaltenen Gebäude, in welcher man viel über die Situationen der ehemaligen Gefangenen erfahren konnte (unter anderem durch originale Tonaufnahmen), sowie das alte Klinkerwerk, in dem sich Gefangene durch Zwangsarbeit zu Tode gearbeitet haben. Außerdem gab es noch eine Ausstellung, in der man sich über das Leben von SS-Männern informieren konnte. Noch erhalten war zudem auch eine alte Gefängnismauer, welche noch sehr gut erhalten war und einem das Gefühl gab, sich in der Vergangenheit zu befinden. (Irini)
Das Konzentrationslager Neuengamme wurde von der SS betrieben und 1938 hauptsächlich für politische Häftlinge, Sinti und Roma, Juden, Polizeihäftlinge und Kriegsgefangene errichtet, um diese durch Arbeit zu vernichten. Als man erkannte, dass man den Krieg verlieren wird, wurden die Holzbaracken, in denen die Insassen geschlafen haben, gesprengt und die toten Gefangenen verbrannt. Damit wollte die SS die Spuren und somit auch die Beweise für den Massenmord beseitigen. Das geschah 1945 kurz bevor die Alliierten die überlebenden Häftlinge befreiten. Insgesamt sind in Neuengamme und den Außenlagern rund 42.900 Häftlinge gestorben oder ermordet worden. (Merle)
Als die Häftlinge dann im Konzentrationslager ankamen, wurden ihnen am ganzen Körper die Haare abgeschnitten, im Beisein der anderen Häftlinge. Diese Arbeit wurde auch von Häftlingen durchgeführt, wobei sie nicht dieselbe Sprache sprachen, wie die neu angekommenen.
Die Männer bekamen nun die Häftlingsuniform, also Oberteil und Hose. Frauen hingegen trugen ein Kleid. Sie bekommen aber keine Unterwäsche. Diese Uniformen mussten die Häftlinge immer tragen, selbst draußen in eisigen Wintern. Zur Zuordnung für ihre Akten bekommen die Häftlinge alle eine Nummer, die sie auswendig lernen mussten. (Milena)
Wenn ich mir vorstelle, dass ich tagelang in einem Zugwaggon, mit fünfzig fremden Menschen wäre und keine Ahnung hätte wohin ich käme, keine Ahnung hätte, warum ich da wäre und keine Möglichkeit hätte eine Erklärung zu bekommen, dann würde ich wohl verrückt werden. Ich hätte Hunger, ich hätte Durst und ich wäre ahnungslos. Vielleicht wäre es sogar Winter. Mir wäre kalt. Ich wäre umgeben von Menschen, die um ihr Überleben kämpfen. Auch ich würde um mein Überleben kämpfen. Wenn der Zug nach Tagen dann irgendwann hält, würde es nicht besser werden. Ich würde geschubst, geschlagen werden – untergehen unter Tausenden anderen. Von der einen Seite würde mich jemand auf Französisch ansprechen, von der anderen würde jemand auf einer Sprache schreien, die ich nicht einmal kenne. Todesangst – ich hätte wahrscheinlich Todesangst. Mir würde alles genommen. Anstatt meinem Namen bekäme ich eine Nummer. Meine Haare würden mir auf brutalste Weise entfernt werden. Anziehen müsste ich dünne, nicht passende Arbeitskleidung. Schlafen würde ich in einem harten winzigen Bett mit vielen anderen Häftlingen. Eine Persönlichkeit hätte ich wohl nicht mehr. (Helena)
Durch die vielen Lebensläufe konnte man einen guten Einblick in das Leben dieser Menschen bekommen. Ich habe mich mit dem Lebenslauf von Jekaterina Sleptoschenko beschäftigt. Sie wurde am 30. Dezember 1924 in der Ukraine geboren und lebte in ärmlichen Verhältnissen. Da sie aus einer Bergarbeiterfamilie kam, hat auch sie im Bergwerk gearbeitet. 1941 wurde Jekaterinas Familie in eine Kleinstadt im Ural deportiert. 1942 wurde sie dann zur Zwangsarbeit verschleppt und arbeitete in Odrau in einer Gummifabrik. Damals war sie siebzehn Jahre alt. Weil sie von Deutschen Geschenke angenommen und Schmuck ins Zwangsarbeitslager geschmuggelt hat, wurde sie 1944 von der Gestapo verhaftet. Am 11. Oktober 1944 kam sie ins KZ Ravensbrück und dreizehn Tage später, am 24. Oktober, nach Helmstedt-Beendorf, ein Außenlager des KZs Neuengamme. Nach der Räumung des Lagers wurde sie mit vielen anderen in Richtung Hamburg transportiert, aber von britischen Truppen befreit. Jekaterina kehrte 1945 nach Hause zurück und lernte dort ihren Mann Leoni Petrowitsch Sleptschenko, einen polnischen Maler, kennen. Sie blieben nach einigen Problemen mit ihren drei Kindern in der Ukraine. Jekaterina arbeitete später als Lehrerin und wurde 1990 Mitglied einer Überlebensorganisation, die sich für die Entschädigung der Gefangenen einsetzte. 2001 erhielt sie selber eine Entschädigung von 300 DM. (Hannah)
Auch die Geschichten von einzelnen Überlebenden waren berührend. Sie hatten zwar überlebt, aber oft niemanden mehr, an den sie sich wenden konnten. Keine Familie. Keine Freunde. Kein Zuhause. Nichts außer ihrem Leben. In den Nächten immer wieder von diesen realen Albträumen eingeholt zu werden, lässt sie niemals abschließen. (Liliane)
Man fühlt sich schlecht, wenn man erfährt, unter was für Bedingungen die Häftlinge gelebt haben und unter welchen Bedingungen man selbst lebt. Man fragt sich, wie man danach noch wegen Kleinigkeiten bedrückt sein kann, wo es einem doch so gut geht. Doch leider halten solche Gefühle nicht lange an. Man fällt in seinen Alltag zurück und denkt nicht mehr an all die furchtbaren Dinge. Deswegen ist es gut, wenn man ab und zu an diese Ereignisse erinnert wird, damit so etwas nie wieder passiert. (Friederike)
Auch wenn diese Exkursion wenig Fröhliches hatte, würde ich sie auch weiterhin für andere empfehlen. Denn wir, die jüngeren Generationen, müssen über alle Schandtaten, welche damals von Seiten der Nationalsozialisten begangen wurden, aufgeklärt werden. So etwas darf nie wieder passieren! Und auf gar keinen Fall in Vergessenheit geraten! Genauso wenig, wie die Opfer dieser schrecklichen Dinge! Die Menschen wurden gedemütigt, gefoltert und ihnen wurde ihre menschliche Würde auf abscheulichste Weise geraubt! Deshalb sollten wir ihnen Respekt zollen! (Inken)