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Droht eine neue Eiszeit – oder eine Heißzeit?

Am 19. Juli besuchte das MINT-Profil den Schüler-Klima-Kongress in der TUHH, der von dem Schülerrat der Initiative NAT, der TUHH und dem Excellenzcluster der Universität Hamburg ¨CliSAP¨, gemeinsam organisiert wurde. Um 10 Uhr eröffnete Herr Professor Held den Schüler-Klima-Kongress, der mit Workshops und Vorträgen bis zum Nachmittag andauerte. Das MINT-Profil hat so, kurz vor den Sommerferien, noch einmal viel mitgenommen, vor allem neue Ideen und Informationen zum Thema Klimaschutz, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit. Hier gibt es zu einigen der Themen einen kleinen Bericht:

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¨50 Sklaven pro Person¨

…hätte jeder von uns im alten Rom benötigt, um den Lebensstandard so komfortabel wie heute zu gestalten. Mit dieser Erkenntnis eröffnete Herr Professor Held von der Universität Hamburg den Schüler-Klima-Kongress. Der Weltenergieverbrauch wächst exponentiell und natürlich wollen auch die Entwicklungsländer nun diesen Lebensstil erreichen.  Dies wiederum trägt zu noch höherem CO2 -Ausstoß und damit zu einer weiteren Temperaturerhöhung bei. Daher haben die Vereinten Nationen nun den Klimaschutz und das 2 Grad Ziel ausgerufen.

¨Warum eigentlich und welche Kosten sind für uns damit verbunden, können wir dieses Ziel überhaupt noch erreichen, und wenn ja wie?¨  Das sind die Fragen, auf die der Klimaforscher während des Eröffnungsvortrag näher eingeht und die in den anderen Workshops und Vorträgen  des Kongresses die Leitfragen darstellten. Der Weltklimarat, dem auch Held angehört, ist das Bindeglied zwischen der Wissenschaft und den Bürgern. Er gibt die gesicherten Erkenntnisse über die Ursachen, die Folgen, die Anpassungsmöglichkeiten und die Möglichkeiten der Reduktion des Klimawandels weiter.

„Welche Folgen kann der Klimawandel haben?“

Als gesichertes Ergebnis gilt, dass die CO2 Emissionen  weiter ansteigen werden und damit auch die globale Temperatur, dabei werden zwei mögliche Ausgänge von den heute gängigen Modellen als mögliche Ausgänge vorhergesagt: Ein Anstieg um etwa +2,5 Grad oder um etwa +5 Grad. Welcher Ausgang wahrscheinlicher ist, hängt von vielen Faktoren, unter anderem ganz besonders von unserem eigenen Verhalten ab. Eine globale Temperaturerhöhung von +5 Grad käme der sogenannten Heißzeit sehr nahe, diese herrschte das letzte Mal vor etwa  10 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit war unsere Erde eine völlig andere Welt, die wohl selbst mit größter Anpassungsbereitschaft für uns lebensfeindlich wäre. Aber auch eine globale Erwärmung von ca. +2,5 Grad hätte weitreichende Folgen. Eine vermehrte Orkangefahr und das Schwinden des arktischen Eises wären zum Beispiel die Folgen. Welche Bedeutung das Wandern der Klimazonen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Tier und Pflanzenwelt für das Ökosystem haben wird, ist ungewiss.

„Warum passiert dann nichts?“

Die Ökonomen haben bisher die These vertreten, dies alles sei zwar schlimm, aber billiger, als auf regenerative Energien umzustellen. Der Mensch müsse sich eben „an die geänderten Bedingungen anpassen“. Wenn jedoch weiterhin so verfahren wird, so Professor Held, werden wir mit der Anpassung nicht weit kommen, es gibt einfach Bedingungen, an die sich die Menschheit nicht anpassen kann, wie z. B. eine erneute Heißzeit.

„Was kostet es denn, die Erde zu retten?“

Aber, so fährt Held in seinem seinen Vortrag fort, es kostet nicht die Welt, die Erde zu retten. Natürlich, der Konsum muss zugunsten der Umstellung auf regenerative Energieformen eingeschränkt werden. Vor allem auch zur Speicherung, zum Transport der Energie und zur Erhöhung der Energieeffizienz bedarf es weiterer Forschung und der Ausarbeitung neuer Technologien.  Wie groß wäre also der Verlust für die Weltwirtschaft? Unser globales Wachstum beträgt zur Zeit 1,6-3%, das 2 Grad Ziel würde dieses um 0,06% verringern, dabei sind die vermiedenen Klimaschäden noch nicht eingerechnet. Diese Art der „Versicherungsprämie gegen Klimaschäden“ betrüge bei jedem etwa 1 % seines Einkommens.

„Wenn das alles nicht so viel kostet, warum passiert dann nichts?“

Um diese Frage zu beantworten spricht Professor Held ein weiteres typisches Problem des Klimamschutzes an, so zeigen sich die Folgen unseres Verhaltens im Guten wie im Schlechten erst nach einem Zeitraum von etwa 50 Jahren. Auch räumlich werden die ¨Rechnungen¨ für die Verschmutzung woanders bezahlt. Die Erzeuger (Industrienationen) haben bisher kaum Nachteile vom Klimawandel, diese zeigen sich bisher vor allem in den armen Ländern, rücken aber unaufhaltsam näher. Zusammenfassend ruft Professor Held dazu auf, an die Machbarkeit des 2 Grad Ziels zu glauben und vor allem auch, sich einzumischen. Das 2 Grad-Ziel ist möglich und bezahlbar und jeder sollte sich dafür interessieren, denn letztendlich geht es nicht nur um globale Kosten, sondern um Sicherheit, Gerechtigkeit und Mitbestimmung.

Ein weiterer interessanter Aspekt, der auf dem Klima Kongress thematisiert wurde, war die Frage

¨Versiegt der Golfstrom?¨

Frau Johanna Baehr, Professorin für Ozeanographie an der Uni Hamburg und leitende Forscherin der CliSAP, einer Ezcellensinitiative der Uni Hamburg, sprach damit eine Frage an, die auch in dem Film „The Day After tommorow“ thematisiert wurde. Wird die Erde statt einer Heißzeit vielleicht eine neue Eiszeit erleben, weil der Golfstrom durch die Klimaerwärmung zum Erliegen kommt?

„Was ist eigentlich das Besondere am Golfstrom?

Der Golfstrom, so Frau Professor Baehr,  bringt als windgetriebene Zirkulation warmes Wasser an die Küsten Nordeuropas. So eine Zirkulation gibt es zwar in  jedem Ozean, besonders spannend ist der Golfstrom aber aufgrund der sogenannten „Tiefenwasserbildung“: Warmes, salzreiches Wasser fließt von den Bahamas gen Norden, dieses warme Wasser  fließt unter kalter Luft, die Luft erwärmt sich und das Wasser kühlt dabei ab. Zusätzlich wird es durch Eisbildung noch salzreicher und damit schwerer, es sinkt nach unten und bildet so das „Tiefenwasser“. Dieses Tiefenwasser wird exportiert – gen Süden- und zieht dann wiederum das warme Wasser aus dem Süden auf der Oberfläche bis weit in den Norden nach. Damit arbeitet dieses System wie eine riesige Umwälzpumpe, die pro Sekunde 30.000.000 Kubikmeter (30 Sverdrup) warmes Wasser von Süden gen Nordeuropa befördert, dieses warme Wasser wärmt auch die Umgebung auf. Wenn sich die Umwälzrate dieser Wärmepumpe abschwächt, hätte dies in Nordeuropa wesentlich tiefere Temperaturen zur Folge.

„Wie ändert sich also diese Umwälzrate-kann man das überhaupt untersuchen?“

Dies war lange Zeit ein echtes Problem, so Baehr, denn die Stärke der Umwälzrate konnte nicht kontinuierlich beobachtet werden. Es wurden 5 Einzelmessungen auf dem Grund des Atlantiks innerhalb von mehreren Jahren (1957-2004) durchgeführt, diese ließen eine vermeintliche Abnahme der Umwälzrate von 20-15 Sverdrup vermuten. Andererseits gibt es eine Vielzahl von computergestützten Modellierungen  an verschiedenen Universitäten, die zeigten, dass die Umwälzrate schon während eines Jahres starken Schwankungen unterliegt, sich jedoch über die Jahre, auch wenn in den Modellierungen mit einem Temperaturanstieg von  mehreren Grad gearbeitet wird, nicht signifikant abschwächen würde.

„Müssen wir mit einer neuen Eiszeit rechnen?“

Dies konnte nun überprüft werden, es wurde auf dem Boden des Atlantiks ein Messsystem, bestehend aus 22 einzelnen Messstationen, installiert, womit nun über einige Jahre die Umwälzrate kontinuierlich gemessen werden konnte. Dabei zeigte sich, dass sich die Umwälzrate nicht wesentlich verändert hat, allerdings bestehen während eines Jahres tatsächlich Schwankungen zwischen 23-15 Sverdrup, so ist der Golfstrom im Winter und Frühjahr wesentlich schwächer, dies erklärt auch die 5 Einzelmessungen aus den Jahren 1957 bis 2004 welche auf eine starke Abnahme des Golfstroms hindeuteten, die ersten Messungen wurden zu Jahreszeiten gemacht, in denen die Umwälzrate stark war, die letzteren eher in solchen mit einer schwachen Umwälzrate. Die Klimaforscher um Frau Professor Baehr schließen, dass die Drehung der Erde, die Winde und auch die Kontinente verantwortlich dafür sind, dass der Golfstrom selber nicht versiegt, allerdings kann es gut sein, dass die Umwälzrate aufgrund der Klimaerwärmung etwas abnimmt, ein Szenario allerdings wie in ¨The day after tomorrow¨ ist wohl auszuschließen.

Weitere Themen des Klima-Kongresses waren z.B. die aktuellen Forschungsentwicklungen der Kernfusionsreaktoren Wendelstein 7-x und  ITER als CO2 neutrale Energiequellen, die direkten Auswirkungen des Klimawandels auf die Stadt Hamburg und die damit verbundenen Handlungstrategien sowie die Zukunft des Verkehrs, des Stromnetzausbaus und der Energiespeicherung. Diese Themen wurden in Vorträgen, Workshops und einem Abschlusspodium diskutiert.
Für mehr Informationen : http://www.derkongress.hamburg/ oder http://www.initiative-nat.de/aktuelles/details/die-zukunft-in-die-hand-nehmen.html.